Die seltene Kunst der Selbstreflexion

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Accenture hat lt. dpa 1.200 Verbraucher sowie Führungskräfte von Unternehmen befragt und kommt zu einem interessanten Ergebnis: etwa 75 % der Manager beurteilen den Kundenservice der eigenen Firma als überdurchschnittlich. Dagegen gaben aber 59 % der Kunden an, nur einen durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlich Service zu erhalten. Und es kommt noch schlimmer: fast drei Viertel der Kunden, die mit dem Service nur durchschnittlich zufrieden sind, sind bereits auf dem Absprung zur Konkurrenz.

Zwei Dinge lernen wir daraus:

  1. Mangelnde Selbstreflexion. Die eigene Wahrnehmung von Unternehmen stimmt in der Regel nicht mit der erlebten Leistung der Kunden überein. Im Zweifelsfall beurteilen Kunden immer kritischer. Was führt zu falschen Annahmen innerhalb der Unternehmen?
    • Fehlende Kommunikation mit Kunden, nach Verbesserungsmöglichkeiten und Beschwerden wird lieber gar nicht gefragt
    • Fehlerhafte Kommunikation mit Kunden (z.B. Standard-Fragebogen, die nicht zwischen erwarteter und erhaltener Leistung unterscheiden)
    • Selbstbetrug durch Zertifizierungen, wie z.B. ISO 9001: Handbücher schreiben lassen und dann zur Beruhigung ins Regal stellen (kommt erfahrungsgemäß häufig vor)
    • Zertifizierungen, die aufgrund einer falschen Datenbasis geschehen (s. meine Beiträge vom 2. Juli und 24. Juli d.J.)
    • Umsatzwachstum verleitet die Annahme zu treffen, dass Kunden begeistert sind und zu mehr Umsatz führen. Das kann sein, muss aber nicht. Denn Umsatzwachstum kann auch durch andere Faktoren ausgelöst werden, die nicht in der Qualität des Services liegen müssen (Problem Mitbewerber, starke Nachfrage nach der Leistung am Markt, …)

    Die Beauftragung eines Unternehmens bedeutet nicht automatisch, dass der Kunde begeistert ist. Bei mir ist es oft so dass ich etwas bei einem bestimmten Dienstleister beauftrage, da mir schlichtweg eine bessere Alternative fehlt, bzw. ich sie nicht kenne.

  2. Zufriedene Kunden sind für Unternehmen nahezu wertlos. Denn zufriedene Kunden sind nicht loyal und sind beim kleinsten Anreiz wechselwillig. Die Lösung: Kunden begeistern (also mehr als nur zufrieden stellen!) – gerne wird davon gesprochen, die Kunden zu „Fans“ zu machen. Allerdings Achtung: Wer akut eher unzufriedene Kunden hat, muss diese erstmal zufrieden stellen. Ist dieser Schritt gemacht, kann es weiter gehen. Es bringt schlichtweg nichts, zwei Schritte auf einmal zu gehen – das wirkt wenig authentisch. Beispiel: Branchen wie Telekommunikation oder Energie müssen ihre Kunden erstmal wieder zufrieden stellen – an begeistern ist erst im nächsten Schritt zu denken.

Wie zufriedene Kunden zu begeisterten Kunden werden, darauf werde ich morgen eingehen. Also morgen wieder reinschauen!