Dienstleistungen, Eigenschaften und Vermarktungsprobleme

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Je hochwertiger und komplexer eine einzukaufende Dienstleistung ist, desto größer ist das Unsicherheitsgefühl. Denn nichts von der eigentlichen Leistung ist im Vorfeld zu sehen, wir haben das Gefühl, die „Katze im Sack“ zu kaufen. Genauso geht es auch Ihren Kunden beim Erwerb von Leistungen Ihres Dienstleistungsunternehmens. Die drei wesentlichen Charakteristika von Dienstleistungen machen das Thema erst so richtig interessant: Immaterialität, Individualität und die Integration eines externen Faktors.

Durch die Immaterialität der Dienstleistung hat der Interessent vor Inanspruchnahme der Leistung keine direkten Ansatzpunkte zur Bewertung der Dienstleistung und des Anbieters. Die Leistung besitzt keine physische Realität (wird daher auch als intangible Ware bezeichnet) und kann – im Gegensatz zu einem Sachgut – nicht vor der Kaufentscheidung begutachtet und mit anderen Angeboten verglichen werden. Als einzige Anhaltspunkte hat der Kunde zunächst nur das Leistungsversprechen des Anbieters und ein aufgrund verschiedener Indikatoren gewonnenes Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit. Das Risiko einer Fehlentscheidung ist – aus Kundensicht betrachtet – ziemlich hoch, die beim Vertragsabschluss empfundene Unsicherheit groß. Ein Reiseunternehmen bietet eine Reise nach Florida an – im Moment des Angebots und auch noch im Moment der Entscheidung ist davon nichts zu sehen. Die eigentliche Reise selbst ist auch nicht gegenständlich – spätestens nach der Rückkehr gibt es außer ein paar Bildern nichts mehr zum Anfassen. Die Leistung eines Friseurs, das Angebot einer Fluggesellschaft, die Programmierung einer Software – alles dieses ist im Prinzip nicht greifbar.

Zwei Steuerberater kommen trotz derselben Mandantenunterlagen auf unterschiedliche Ergebnisse, mehrere Vermögensverwalter werden denselben Kunden unterschiedlich beraten, und zwei Empfangspersonen im Hotel bedienen den Kunden verschieden. Die Individualität der Dienstleistung bedeutet, dass aufgrund der meist personalintensiven Leistungserbringung und den individuellen Anforderungen des Nachfragers jeder Leistungsprozess ein anderes Ergebnis in Zeit und Qualität zur Folge hat. Eine detailgetreue Wiederholung gibt es trotz Standardisierung kaum.

Die Integration des externen Faktors meint, dass ohne die aktive Mitwirkung des Auftraggebers keine Leistungserstellung möglich ist. So kann zum Beispiel eine Übersetzung oder ein Haarschnitt, die Stunden einer Fahrschule oder eine Unternehmensberatung nicht im Voraus „auf Lager“ produziert werden. Zum anderen ist die Leistung eben so individuell, dass eine Vorproduktion völlig am Bedarf des Kunden vorbei gehen würde. Ebenfalls muss hierbei erwähnt werden, dass die Qualität des Ergebnisses einer Leistungserbringung nicht unwesentlich von der Mitwirkung des Kunden abhängt (Qualitätsrisiko). Wenn der Kunde dem Fotografen sagt, was er erwartet, tut sich der Fotograf leichter, als wenn er den Geschmack des Kunden „erraten“ muss – was die subjektiv empfundene Qualität aus Kundensicht erheblich verschlechtert.

Durch die Immaterialität ist der Interessent nicht in der Lage, Beschaffenheit und Qualität einer Dienstleistung vor Erstellung zu beurteilen. Und durch seine eigene Mitwirkung am Erstellungsprozess ist er für das Ergebnis zumindest teils selbst verantwortlich. Das Beziehen einer Leistung fußt auf dem Vertrauen eines potenziellen Kunden an einen Anbieter und seine Leistungsfähigkeit. Dienstleistungen werden somit zu einem reinen Vertrauensgut.

Ihre Aufgabe als Anbieter von Dienstleistungen ist somit klar: Zur erfolgreichen Vermarktung gehört der Aufbau von Vertrauen. Alle Maßnahmen, die einen potenziellen Kunden zu einem Verkaufsabschluss bewegen sollen, sind vertrauensbildende Maßnahmen. Das fängt beim Werbetext an, geht über die Preisbildung und hört nicht zuletzt bei der Beschwerdepolitik auf. Jedes einzelne Instrument hat seinen Einsatz, um der aufgrund der Charakteristika der Dienstleistung vorhandenen Unsicherheit zu begegnen und Vertrauen aufzubauen.