Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung DL-InfoV

|

Welche (neuen) Verpflichtungen bringt die Dienstleistungs–Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) mit sich?

Alle Dienstleister sind von einer neuen Regelung betroffen, die am 17. Mai in Kraft getreten ist. Böse Zungen sprechen indes vom „Bürokratiewahn”, der wieder einmal zugeschlagen hat. In jedem Falle sollten Sie sich mit den neuen Regelungen vetraut machen. Sie können sich damit u. a. kostspielige Abmahnungen ersparen.

Für alle diejenigen, die bereits Webseiten und Blogs betreiben und sich an die Vorschriften des § 5 Telemediengesetz (TMG) halten, bringen die neuen Vorschriften nur einige neue Verpflichtungen. Alle anderen sollten die Neuregelung jetzt zum dringenden Anlass nahmen, allen gesetzlichen Informations- und Kennzeichnungspflichten das gebotene Augenmerk zuzuwenden. Es gibt schliesslich bessere Möglichkeiten sein Geld zu investieren als in Abmahnkosten.

Die neuen Regelungen der Dienstleistungs–Informationspflichten-Verordnung (Abkürzung: „DL-InfoV”) sind am 17. Mai 2010 in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung werden Vorschriften der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments  und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) in bundesdeutsches Recht umgesetzt.  Die Verordnung sieht umfangreiche Informationspflichten von Dienstleistungserbringern gegenüber Dienstleistungsempfängern (d.h. Kunden) vor.

Achtung: In den Bereichen, in denen es zuvor noch keine derartigen Informationspflichten gegeben hat, sind die neuen Regelungen noch weitestgehend unbekannt. Das kann sich zu einem grossen Problem entwickeln und ich sehe die nächste flächendeckende Abmahnwelle bereits vor meinem geistigen Auge über das Land rollen.

Worum geht es:

1. Die neuen Informationspflichten treffen grundsätzlich alle Dienstleistungserbringer – unabhängig von der Rechtsform -, die in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) fallen. Diese Richtlinie gilt immer dann, wenn „Inländer” im Inland und „Inländer” im „EU-Ausland” tätig werden. Sie gilt nicht, wenn EU-Ausländer im Inland tätig werden, denn dann gelten für den EU-Ausländer die Regelungen seines Heimatlandes (die aber eigentlich dieselben Regelungen enthalten sollten).

2. In Art. 2 (2) der Richtlinie 2006/123/EG sind einige Ausnahmen vorgesehen, die für den „normalen” Dienstleistungserbringer aber praktisch bedeutungslos sind. Ausgenommen von den Vorschriften sind u.a. Banken, Fianzdienstleister und Gesundheitsdienstleistungen.

3. Faktisch werden alle gegen Entgelt tätigen Dienstleister von den Vorschriften der Richtlinie erfasst. Die Richtlinie 2006/123/EG spricht übrigens audrücklich von allen Dienstleistungen, die „in der Regel” gegen Entgelt erbracht werden. Die Vorschriften gelten also auch dann, wenn ausnahmsweise einmal „kostenlos” („pro bono”) gearbeitet wird!

4. Nach der neuen DL-InfoV wird unterscheiden zwischen Informationen, die der Dienstleistungserbringer immer und ungefragt von sich aus zur Verfügung zu stellen hat und Informationen, die nur auf Anfrage zur Verfügung zu stellen sind. Ausserdem sind Informationen zu  bestimmten Preisangaben erforderlich. Schliesslich ist ein Verbot diskriminierender Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen.

5. Die zur Verfügung zu stellenden Informationen müssen vor Abschluss eines schriftlichen Vertrages oder, sofern kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung in „klarer und verständlicher Form” zur Verfügung gestellt werden.

Die in jedem Fall zur Verfügung zu stellenden Informationen können wahlweise auf eine der vier folgenden Arten bereit zur Verfügung gestellt werden:

  • Der Dienstleistungserbringer kann die Informationen aktiv und direkt von sich aus mitteilen;
  • Er kann sie am Ort der Leistungserbringung oder des Vertragsschlusses so vorhalten, dass sie dem Dienstleistungsempfänger (d.h. Kunden) leicht zugänglich sind (z. B. durch einen Aushang);
  • Er kann sie dem Dienstleistungsempfänger (d.h. Kunden) über eine von ihm angegebene Internetadresse elektronisch leicht zugänglich machen;
  • Er kann die Informationen in allen von ihm dem Dienstleistungsempfänger (d.h. Kunden) zur Verfügung gestellten ausführlichen Informationsunterlagen über die angebotene Dienstleistung aufnehmen.

6. Die in jedem Fall zur Verfügung zu stellenden Informationen umfassen:

  • Name, Firma und Rechtsform.
  • Angaben zur schnellen und unmittelbaren Kontaktaufnahme, d.h. eine ladungsfähige Anschrift, eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse oder Faxnummer.
  • Angabe von Registereintragungen, soweit eine Registereintragung vorliegt, d.h. Handels,- Vereins,- Partnerschafts,- oder Genossenschaftsregister, jeweils unter Angabe des Registergerichts und der Registernummer.
  • Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, wenn Dienstleistungen erbracht werden, die einer besonderen behördlichen Zulassungspflicht unterliegen. Betrifft z. B. Bauträger oder Immobilienmakler.
  • Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, falls der Unternehmer eine solche hat.
  • Zusätzliche Angaben bei reglementierten Berufen. Hier sind Berufe gemeint, bei denen der Berufszugang gesetzlich reglementiert ist oder das Führen der Berufsbezeichnung von bestimmten Voraussetzungen abhängt. Darunter fallen z. B. Ärzte, Steuerberater, Rechtsanwälte aber auch Physiotherapeuten.
  • Angaben zu allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine beonders heikle Informationspflicht. Nun müssen unaufgefordert die allgemeinen Geschäftsbedingungen vorab zur Verfügung gestellt werden. Leider nicht geregelt ist die spannende Frage, ob hier eine Bindungswirkung eintritt.
  • Vertragsklauseln  zum anwendbaren Recht und Gerichtsstand.
  • Angaben zu angebotenen Garantien, die über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehen. Hierunter fallen z. B. besondere Garantien oder eine „Geld-zurück-Garantie”.
  • Angaben zu den wesentlichen Merkmale der Dienstleistung, soweit sich diese nicht bereits aus dem Zusammenhang ergeben.
  • Angaben zur Berufshaftpflichtversicherung. Umfasst lediglich Haftpflichtversicherungen, welche die Verletzung von Hauptleistungspflichten abdecken, z. B. bei Ärzten, Anwälten, usw. Normale Haftpflichtversicherungen, die nur Schäden „angelegentlich” der Leistungserbringung abdecken sind nicht erfasst.
  • Die Meisten (aber eben nicht alle!) dieser Informationespflichten sind bereits nach bislang geltendem Recht wie z. B. dem Telemediengesetze (TMG) oder der BGB-Infopflichten-Verordnung (BGB-InfoV) vorgesehen.

7. Die auf Anfrage zur Verfügung zu stellenden Informationen umfassen:

  • Angaben zu berufsrechtlichen Regelungen bei reglementierten Berufen. Auf die entsprechenden Sammlungen der einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften kann i. d. R. leicht über Kammern und/oder andere berufsständische Vereinigungen zugegriffen werden.
  • Angaben zu den vom Dienstleistungserbringer ausgeübten multidisziplinären Tätigkeiten und den mit anderen Personen bestehenden beruflichen Gemeinschaften, die in direkter Verbindung zu der Dienstleistung stehen und, soweit erforderlich, zu den Maßnahmen, die er ergriffen hat, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Das greift nur bei Dienstleistungserbringern, bei denen die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit gefährdet sein könnte, setzt also voraus, dass Unanbhängigkeit oder Unparteilichkeit zum Berufsbild des Dienstleisters gehören. Beispiel: Bauschätzer.
  • Angaben zu geltenden Verhaltenskodizes, denen sich der Dienstleistungserbringer unterworfen hat. Hierunter können auch Regelungen zu Standards fallen. Angegeben werden müssen, eine Internetadresse, unter die Kodizes elektronisch abgerufen werden können und die Sprachen, in denen diese vorliegen.
  • Angaben zu aussergerichtlichen Schlichtungsverfahren, die aufgrund eines Kodex oder der Zugehörigkeit zu einer (Berufs-)Vereinigung vorgesehen sind. Es müssen insbesondere Angaben zum Zugang zum Verfahren und zu näheren Informationen über seine Voraussetzungen gegeben werden.
  • Diese Informationen – bis auf die Informationen zu den berufsrechtlichen Regelungen – müssen auch in eventuellen ausführlichen Informationsunterlagen z. B. Broschüren, Kataloge, etc. enthalten sein.

8. Erforderliche Preisangaben: Vor dem Abschluss eines schriftlichen Vertrages oder, sofern kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung, muss der Dienstleistungserbringer dem Dienstleistungsempfänger (d.h. Kunden) bestimmte Preisangaben klarer und verständlicher Form zur Verfügung stellen. Dies beinhaltet:

  • Bei im vorhinein festgelegten Preisen für eine Dienstleistung  muss der Dienstleistungserbringer den Preis wie unter Ziffer 5 besprochen zur Verfügung stellen.
  • Bei nicht im vorhinein festgelegten Preisen oder wenn kein genauer Preis angegeben werden kann, müssen entweder die näheren Einzelheiten der Berechnung, anhand derer der Dienstleistungsempfänger (d.h. Kunde) die Höhe des Preises leicht errechnen kann, oder ein Kostenvoranschlag zur Verfügung gestellt werden.

Das gilt nicht gegenüber  privaten Letztverbrauchern im Sinne der Preisangabenverordnung, die insoweit bereits abschliessende über die in der DL- InfoV normierten Regelungen hinausgehende Pflichten enthält. Die Informationspflichten zu den erforderlichen Preisangaben aus der DL- InfoV gelten also nur gegenüber Dienstleistungsempfängern (d.h. Kunden) Anwendung, die nicht Verbraucher sind. Achtung: Leider sind bei vielen Dienstleistern die Vorschriften der Preisangabenverordnung, die gegenüber privaten Letztverbrauchern gelten, auch weitestgehend unbekannt!

9. Untersagt werden schliesslich noch Bedingungen für den Zugang zu einer Dienstleistung bekannt machen, die auf der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz des Dienstleistungsempfängers (d.h. Kundens) beruhende diskriminierende Bestimmungen enthalten. Eigentlich ohnehin eine ethische Selbstverständlichkeit. Dies gilt nicht für Unterschiede bei den Zugangsbedingungen, die unmittelbar durch objektive Kriterien gerechtfertigt sind.

Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Wohnsitzes ist also z. B. hinsichtlich der entfernungsabhängigen Fahrtkosten ohne weiteres möglich.

Zusammenfassung: Alle von den Neuregelungen Betroffenen sollten umgehend die in jedem Fall zur Verfügung zu stellenden Informationen auf einer eigenen Unterpage mit eigener (Direkt-)Webadresse zur Verfügung stellen. Dann kann einfach dorthin verwiesen werden.Für die weiteren Informationspflichten sollten Standards und Routinen geschaffen werden, damit immer alle erforderlichen und relevanten Informationen auf die vorgesehene Art und Weise zur Verfügung gestellt werden.

Und über dem ganzen bürokratischen Wahnsinn bitte das Kerngeschäft nicht vergessen 😉

Autor: Henning Wüst (Jurist und langjähriger Fachanwalt für Arbeitsrecht und Kanzleiinhaber. Er berät heute insbesondere Steuerberater, Anwälte und andere Freiberufler bei Vermarktung und Vertrieb ihrer Leistungen. Sein besonderes Interesse gilt den Onlineinstrumenten des Marketings).